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Der Philosoph des 21. Jahrhunderts



Es gibt weltweit wohl keine zweite Firma, die so lässig und gleichzeitig so mächtig ist wie der Unterhaltungskonzern Apple. Dessen Gründer und Chef Steve Jobs, despotisch und mehrmals schwer erkrankt, bestimmt nicht mehr nur, was wir kaufen – er will bestimmen, wie wir leben.

Es war heiß, kein Schatten im Stadion von Stanford, die Studenten hatten gesoffen, sie grinsten und kicherten, und darum dauerte es, bis sie verstanden, dass dort vorn ein Herrscher der westlichen Welt zum Geständnis schritt.

Seine Produkte, zu erkennen am angebissenen Apfel, sind Produkte, die die Menschheit verlangt, weil die Menschheit offenbar glaubt, dass diese Produkte das moderne Leben erleichtern, mehr noch: dass modernes Leben aus dem Besitz dieser Produkte besteht. Der Herrscher aber redet nicht über sich, normalerweise.

Er sei schüchtern, sagen manche, die ihn gut kennen. Er sagt nur dann etwas, gütig lächelnd, wenn er etwas zu verkaufen hat, ein neues Telefon (iPhone), ein flaches Wunderding (iPad) oder eine neue Werbeplattform (iAd), oder wenn er, wie vergangene Woche, einen neuen Rekordgewinn verkünden will: 3,07 Milliarden Dollar im jüngsten Quartal, 90 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Ansonsten schweigt er, und er fordert Schweigen von allen, die er in seine Nähe lässt, und es lässt sich nicht sagen, warum er an jenem Juni-Tag von Stanford gestand, was ihn treibt, was er fürchtet, was er denkt, nur dort, dieses Mal und nie wieder.

Drei Geschichten wolle er erzählen, nicht mehr, „no big deal“, sagte Steven P. Jobs, Bart- und Brillenträger, die Stirn hoch, er trug eine schwarze Robe, ein dünner Mann schon damals, vor der Transplantation. Er zitterte ein wenig, hob die Stimme, atmete schnell.

Drei Geschichten, keine große Sache.

Jobs bei iPad-Präsentation Wahnwitz und Design

Jobs beiiPad-Präsentation Wahnwitz und Design

Die erste Geschichte solle vom Verbinden der Punkte handeln, sagte Jobs und erzählte, wie seine Mutter ihn aufgab, wie er adoptiert wurde, wie er sein Studium abbrach, wie er meilenweit für eine Suppe gehen musste, bis er einen Freund fand und eine Idee hatte. Die Punkte eines Lebens, sagte Jobs, seien immer erst im Rückblick zu verbinden, wir müssten vertrauen. Wir alle. Darauf, dass die Punkte sich zu einem Bild fügen werden, irgendwann, auf unseren Instinkt, das Schicksal.

Steve Jobs wippte nun nicht mehr auf und ab. Und die Studenten von Stanford blickten zur Bühne und hörten zu.

Die zweite Geschichte handelte von Liebe und Verlust. Steve Jobs sagte, dass er als 20-Jähriger gefunden habe, was er liebe, Apple, sein Lebenswerk, und dass er als 30-Jähriger entlassen wurde, doch weitermachte in der Computer-Welt, weil er sie liebte. „Manchmal trifft euch das Leben mit einem Stein“, sagte er den Studenten, „verliert euren Glauben nicht. Die einzige Weise, wie ihr eine großartige Leistung vollbringen könnt, ist, dass ihr liebt, was ihr tut.“

War das Poesie? Ethik gar? Küchenpsychologie? Und die dritte Geschichte? Die dritte Geschichte handelt von Leben und Tod, dazu später mehr.

Es gibt eine Menge Begriffe, mit denen Steve Jobs umschrieben wird, „Guru“, „Genie“, „Messias“, solche Begriffe, auch „Diktator“ und „Menschenschinder“.

Denn Steve Jobs gilt als diabolisch, als Soziopath, und er hat diesen Ruf zu Recht, das wird schnell klar, wenn man seine Welt betritt; Apple, einst Computer-Firma und heute Weltmacht der Un terhaltungselektronik, ist ein Unternehmen, das stark ist wie wenige andere und zugleich Schwächen hat, die angesichts seiner Stärke bizarr sind.

Dieser Steve Jobs hat eine Marke erschaffen und entwickelt, die zugleich cool und Mainstream ist, das ist der Traum aller Werber. Apple beherrscht den weitweiten Online-Musikmarkt, und den für Abspielgeräte und den für Hightech-Telefone erobert Apple gerade: 8,75 Millionen iPhones verkaufte Apple im letzten Quartal. Das iPad, zwischen Telefon und Laptop angesiedelt, wurde in den USA hysterisch begrüßt und wird in Europa hysterisch erwartet, da es Medien- und Buchmarkt im Sturm nehmen könnte; es hat einen Touchscreen, weshalb die Nutzer mit archaischen Bewegungen, Fingerdruck und Fingerkreisen, die vielleicht raffinierteste Technologie des Computer Zeitalters steuern werden.

Apple, scheinbar lässige Massenmarke, ist wahrscheinlich das einzige Unternehmen der Welt, das seit Jahrzehnten eine fanatische Anhängerschaft hat, nicht ein paar Verrückte, sondern Millionen von Menschen, für die Apple eine Haltung ist. Das „New York Magazine“ hob Jobs mit der Zeile „iGod“ auf den Titel. Und als Apple das iPad ankündigte, zeigte der „Economist“ Jobs als Jesus-Ikone. Ironisch? Ein wenig. Scheindistanz.

Der ganze Wahnwitz hat viel mit Design zu tun. Apple-Produkte sind karg, schlicht, sie sind kompromisslos.

Es hat mit Mut zu tun. So groß, so maß los wie Apple denken wenige Firmen, und vermutlich hat keine andere die eigenen Prinzipien derart oft und derart rundweg erneuert.

Jobs betritt gern Arenen, in denen ungeschlagene Gegner zu Hause sind, und hin und wieder erfindet er eine Branche, um sie im selben Moment zu monopolisieren.

Nun bringt Apple das iPad auch in Deutschland auf den Markt, einen knapp DIN-A4-großen, fingerdicken Computer in Form eines Tabletts. Seit über einem Jahrzehnt versuchen Apples Konkurrenten so einen Computer zu etablieren, sie alle sind gescheitert. Aber natürlich ist das iPad schick und cool und schnell, es ist der bekannte Ansatz: eine vorhandene Idee zu nehmen und sie so zu verpacken, dass Massen sie kaufen.

Manche sagen, es sei ein gedoptes iPhone, bloß größer, damit man Bücher, Magazine, Zeitungen darauf lesen kann, Filme sehen, im Internet surfen.

Andere sagen, es sei eben deswegen das elektronische Gerät für die Zukunft, das Ding, das jeder haben will.

Es ist ein Fühlgerät. Es schmiegt sich an, ein Kuschelcomputer, kein Knopf zu viel. Es ist ein Fenster in die Welt der Medien, ein Fenster, mit dem wir reisen können, ein Fenster, das wir mit ins Bett nehmen wollen, auf die Couch, ein Buch zum Einschalten, und es verzaubert die Kunden: Auf Flughäfen, bei Sicherheitskontrollen, war in den vergangenen Wochen ein Star, wer ein iPad auspackte.

Das Ding hat Schwächen: Weil Steve Jobs das Programm Flash nicht mag, werden viele Web-Seiten zur Hälfte geladen, Flash-Filme bleiben leere Flächen. Und wer dicke Finger hat, vertippt sich leicht. Und bei Sonnenlicht sieht man nicht viel. Das iPad ist ein passiver Computer, dessen Sinn es ist zu konsumieren.

Das alles hat viel mit unserer Zeit zu tun und der Art, wie wir leben wollen. Ein iMac im Büro, ein MacBook für unterwegs, einen iPod zum Joggen, ein iPad für die Bildung und ein iPhone für die Verbindung zu all den anderen ewig Jugendlichen: So will sich der Mensch des 21. Jahrhunderts offenbar sehen, so will er gesehen werden, und in New York, Tokio, London, Berlin oder Hamburg lebt er längst so. Das macht Steve Jobs, 55, zum Philosophen des 21. Jahrhunderts.

Denn Jobs, Verführer in schwarzem Rolli und blauen Jeans, mit hoher Stirn, Bart und Nickelbrille, ist der Mann, der bestimmt, wie wir leben wollen: Er legt fest, was wir haben können, und redet uns ein, dass es das sei, was wir haben möchten. Er hat das Kauf verhalten von Massen verändert und damit Lebensweisen, also Kultur. Aus dem Erfolg seiner Firma leitet er Ideologien ab und das Recht, Inhalte zu zensieren, die auf seine Computer gespielt werden. Ist Apple dabei, die einflussreichste Firma der Welt zu werden? Die iMächtigen?

Wer Apple verstehen will, muss diesen Jobs verstehen – Apple ist sein Lebenswerk, die Firma funktioniert, wie er sie haben will.

Es ist nicht ganz einfach, sich Jobs zu nähern, weil Apple so gut wie nie mit Reportern spricht, falls diese nicht zuerst Apples Produkte gelobt haben. Der deutsche Firmensprecher Georg Albrecht schrieb: Apple „gibt leider keine Einblicke in sein Innenleben... So gerne ich so eine Story unterstützen würde, weiß ich, dass wir hier Ihnen keine Gesprächspartner anbieten können". Wenig später fielen die Antworten der Amerikaner ähnlich aus: kein Kommentar, zu gar nichts.

Aber es gibt Leute, die Apple verlassen haben, darunter jene, die Jobs dankbar sind, weil sie an seiner Seite reich wurden, und andere, die ihn hassen und wirken, als seien sie traumatisiert. Und auch Leute, die heute für Apple arbeiten, reden über Apple, wenngleich unter falschem Namen, denn Jobs ist kein netter Mensch.

Es gibt nur Sieger und Versager für ihn, genial oder dumm, er hasst Fleischesser, und Produkte sind entweder „wahnsinnig großartig“ oder „Scheiße“. Angestellte können heute Genies sein und morgen „bozos“, Volltrottel, heute unverzichtbar und morgen gefeuert. Die „Helden-Arsch­loch-Achterbahn“ nennen Apple-Leute das Herrschaftsprinzip des Steve Jobs: „the hero-shithead roller coaster“.

Die Apple-Story, die eine Jobs-Story ist, lässt sich in sechs Kapiteln beschreiben, erzählt von sechs Zeitzeugen, von denen jeder seine Zeit hat, von den Anfängen einer Klitsche bis in die Zukunft einer der mächtigsten Firmen der Weltv.





Äàòà ïóáëèêîâàíèÿ: 2014-11-02; Ïðî÷èòàíî: 407 | Íàðóøåíèå àâòîðñêîãî ïðàâà ñòðàíèöû | Ìû ïîìîæåì â íàïèñàíèè âàøåé ðàáîòû!



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