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Text 1. Du hast die Rechte, wir die Pflichten!



Meine liebe Tochter,

du wirst bald deinen 18. Geburtstag feiern und unsere Gesellschaft findet, dass du somit die notwendige Reife erlangt haben wirst, 5 über dein Leben selbst zu entscheiden und die Verantwortung für deine Entscheidungen zu tragen. Da wir jedoch als Familie zunächst alle weiter unter einem Dach leben werden, finde ich, wir sollten einmal die Fronten klären: Denn wer auf seine Rechte pocht, muss auch in Kauf nehmen, dass er Pflichten übernimmt. Und wer selbstständig sein will, darf nicht erwarten, weiterhin verwöhnt zu werden. Ist dein Lieblingspulli schmutzig, muss er gleich gewaschen werden, sonst reklamierst du. Ich weiß, du musst viel lernen und hast wenig Zeit. Aber für deine Freundinnen reicht die Zeit immer. Will ich aber mal eine Gefälligkeit von dir, so muss ich öfter darum bitten. Es kommt selten vor, dass du auch für mich eine Hand rührst. Hast du schon mal darüber nachgedacht? Man möchte meinen, dass ich dich absichtlich falsch ernähre, nur um deine Figur zu verderben; dass alle deine Freundinnen zu jeder Tages- und Nachtzeit nach Hause kommen dürfen, nur du nicht, dass alle anderen Tag für Tag die Diskotheken abklappern und du als Einzige zu Hause sitzen musst. Mein Hauptzweck im Leben besteht nicht darin, dir jede Freude zu verderben und deinem Drang nach Freiheit im Wege zu stehen. Ich will dich nur vor mancher Dummheit bewahren. Verlangst du von mir Verständnis, so sei bereit, es auch für deinen Vater, für mich und für andere zu haben. Ich möchte auch gleichberechtigt sein!

Deine Mutter.

Warum so viel Behütung und Bevormundung?

Liebe Mutter,

dass ihr es immer gut mit mir gemeint habt, will ich dir und Vater gar nicht absprechen. Aber dennoch kann ich euch rückblickend einige Vorwürfe nicht ersparen. Warum habt ihr zum Beispiel mir in Sachen Kleidung und Frisur immer reinreden müssen? Ich bin ja gar nicht als Punk herumgelaufen. Ich werde den Verdacht nicht los, dass ihr immer auf die Nachbarn und die Verwandten und deren Meinung geschaut habt. Außerdem habt ihr mich, vielleicht aus Sorge, sehr lange als Kind behandelt. Mit 15 Jahren hätte ich auch selbst entscheiden können, ob man mit kurzer Hose friert oder einen Anorak braucht. Eigentlich war dies das Hauptproblem. Ihr wart immer ängstlich, zurückhaltend und schnell mit Verboten bei der Hand, wo ein Vertrauensvorschuss mehr genützt hätte. Dass ich mit 15 Jahren kein Mofa bekommen habe, halte ich mittlerweile auch für richtig. Aber dass ich abends nach der Gruppenstunde mit der Clique als sechzehnjähriges Mädchen nicht bis 22 oder 23 Uhr noch etwas ausgehen durfte, war sicherlich ein Fehler. Reif und beinahe erwachsen bin ich auch so geworden. Aber vieles wäre einfacher, besser und schneller gegangen, wenn ihr mir etwas mehr erlaubt hättet. Euch hat es auch gestört, dass ich mich in der Vogelschutzgruppe engagiert habe, sicherlich nicht, weil ihr nichts für Natur- und Umweltschutz übrig habt. Aber dass dazu Leserbrief und Protestaktionen gehören, hat euch nicht gepasst. Mir hat die Arbeit in dieser Gruppe viel gebracht, vor allem an Selbstständigkeit und Kritikfähigkeit. Das sind die Dinge, die zu Hause gefehlt haben.

Deine Tochter.





Дата публикования: 2014-10-25; Прочитано: 399 | Нарушение авторского права страницы | Мы поможем в написании вашей работы!



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