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Sendbrief vom Dolmetschen



Gnad und Friede in Christo. Ehrbar, fürsichtiger lieber Herr und Freund! Ich hab euer Schrift empfangen mit den zwo Questen oder Fragen, darin ihr meines Berichts begehrt: Erstlich warum ich zum Römern am dritten Kapitel die Wort St. Pauli: „Arbitramur hominem justificari ex fide absque operibus" also verdeutscht habe: Wir halten, daß der Mensch gerecht werde ohn des Gesetzes Werk, allein durch den Glau­ben. — Ich hab mich deß geflissen im Dolmetschen, daß ich rein und klar Deutsch geben mцchte. Und ist uns wohl oft begegnet, daЯ wir vierzehn Tage, drei, vier Wochen haben ein einziges Wort gesucht und gefragt, habens dennoch zu­weilen nicht funden.

Im Hiob arbeiten wir also, M. Philips, Aurogallus und ich, daß wir in vier Tagen zuweilen kaum drei Zeilen kunnten fertigen. Lieber, nu es verdeutscht und bereit ist, kanns ein jeder lesen und meistern; läuft einer itzt mit den Augen durch drei, vier Blätter und stößt nicht einmal an; wird aber nicht gewahr, welche Wacken und Klötze da gelegen sind, da er itzt über hin gehet, wie über ein gehobelt Brett, da wir haben müßt schwitzen und uns ängsten, ehe denn wir solche Wacken und Klötze aus dem Wege räumeten, auf daß man künnte so fein daher gehen. Es ist gut pflügen, wenn der Acker gereinigt ist; aber den Wald und die Stöcke ausrotten und den Acker zurichten, da will Niemand an. Es ist bei der Welt kein Dank zu verdienen. Kann doch Gott selbst mit der Sonnen, ja mit Himmel und Erden, noch mit seines eigen Sohns Tod, keinen Dank verdienen; sie sei und bleibe Welt des Teufels Namen, weil sie ja nicht anders will.

Also habe ich hie Rom. 3. fast wohl gewußt, daß im latei­nischen und griechischen Text das Wort sola nicht stehet. Wahr ists, diese vier Buchstaben SOLA stehen nit drinnen, welche Buchstaben die Eselsköpfe ansehen, wie die Kühe ein neu Tor. Sehen aber nicht, daß es gleichwohl die Meinung des Textes in sich hat, und wo mans will klar und gewaltiglich verdeutschen, so gehöret es hinein. Denn ich habe Deutsch nicht Lateinisch noch Griechisch reden wollen, da ich Deutsch zu reden im Dolmetschen fürgenommen hatte. Das ist aber die Art unser deutschen Sprache, wenn sich eine Rede begiebt von zweien Dingen, der man eins bekennet und das ander verneinet, so braucht man des Worts solum (allein) ne­ben dem Wort nicht oder kein. Als wenn man sagt: Der Bauer bringt allein Korn, und kein Geld. Item, ich hab wahr­lich itzt nicht Geld sondern allein Korn. Ich hab allein gessen und noch nicht getrunken. Hast du allein geschrieben und nit überlesen? Und dergleichen unzählige Weise im täglichen Brauch.

In diesen Reden allen, obs gleich die lateinische oder griechische Sprach nicht tut, so tuts doch die deutsche, und ist ihr Art, daß sie das Wort allein hinzusetzt, auf daß das Wort nicht oder kein desto völliger und deut­licher sei. Denn wiewohl ich auch sage: Der Bauer bringt Korn und kein Geld, so laut doch das Wort kein Geld nicht so völlig und deutlich, als wenn ich sage: Der Bauer bringt allein Korn und kein Geld; und hilft hie das Wort allein dem Wort kein so viel, daß es ein völli­ge deutsche klare Rede wird. Denn man muß nicht die Buch­staben in der lateinischen Sprachen fragen wie man soll deutsch reden, sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gassen, den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen und denselbigen auf das Maul sehen, wie sie reden, und darnach dolmetschen; so verstehen sie es denn und merken, daß man deutsch mit ihn redet.

Als wenn Christus spricht: Ex abundantia cordis os loquitur. Wenn ich den Eseln soll folgen, die werden mir die Buchstaben fürlegen und also dolmetschen: Aus dem Über­fluß des Herzen redet der Mund. Sage mir, ist das Deutsch geredt? Welcher Deutscher verstehet solchs? Was ist Über­fluß des Herzen für ein Ding? Das kann kein Deutscher sa­gen, er wollt denn sagen, es sei, daß einer allzu ein groß Herz habe oder zu viel Herzens habe. Wiewohl das auch noch nicht recht ist. Denn Überfluß des Herzen ist kein Deutsch; so wenig als das Deutsch ist: Überfluß des Hauses, Überfluß des Kachelofens, Überfluß der Bank, sondern also redet die Mutter im Hause und der gemeine Mann: Weß das Herz voll ist, deß gehet der Mund über. Das heißt gut Deutsch geredt: deß ich mich geflissen und leider nicht allewege erreicht noch troffen habe. Denn die lateinischen Buchstaben hindern aus der Maßen sehr, gut Deutsch zu reden...





Дата публикования: 2015-01-04; Прочитано: 695 | Нарушение авторского права страницы | Мы поможем в написании вашей работы!



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